Zum Konzert am 8. September 1964 in Göttingen

Göttinger Tageblatt, 10. September 1964  

Im Glanz der Prominenz

Ein Festkonzert der Händelgesellschaft zum Abschluß der Rektorenkonferenz

[...]

Die Wiedergabe der Werke stand besonders im ersten Teil des Konzertes unter einem glücklichen Stern. Das sehr gegensätzliche, an Einfällen reiche Concerto Grosso stimmte durch die vorzüglich besetzten Concertino-Teile (Helmut Winschermann, Oboe; Albert Hinnige, Fagott; György Terebesi und Percy Kalt, Violinen) und Günther Weißenborns dirigentische Versiertheit auf einen Abend virtuosen Glanzes ein. Dem Beginn entsprach die von Gertraut Stoklassa, Sopran, gesungene Kantate "Notte placida" auf das schönste. Die Sängerin gestaltete die lyrisch-beschauliche Entwicklung der Kantatenhandlung mit ebensowohl technischer Vollendung wie überzeugendem Ausdruck; eine Meisterleistung, wie man sie selten erlebt. – Der zweiten Kantate, deren Partien von Dietrich Fischer-Dieskau (Apollo) und Agnes Giebel (Daphne) vortrefflich gesungen wurden, schien gelegentlich die letzte Eleganz im Zusammenwirken von Sängern und Instrumentalisten zu fehlen; der Dirigent hatte offenbar nur eine Verständigungsprobe abhalten können, wo es des vollendeten Aufeinander-Abgestimmtseins bedurft hätte. So lag manchen Stellen eine gewisse Unbeholfenheit im Instrumentalpart zugrunde, über die auch so hervorragende Künstler wie Dietrich Fischer-Dieskau und Agnes Giebel nicht hinwegzumusizieren vermochten. Besonders Fischer-Dieskau aber wußte die Möglichkeiten seiner Rolle, die den Umschwung von überheblicher Kraftmeierei bis hin zu tiefempfundenem Schmerz nachzeichnete, so auszuspielen, daß man ihm das Hauptverdienst am Erfolg des Stückes zuerkennen muß.

Der Beifall war überaus herzlich. Er erfolgte mit Recht in solcher Vehemenz, denn: ein Konzert von insgesamt so hohem künstlerischem Niveau und in so prominentem Rahmen erlebt man in Göttingen nur ganz selten.

A. R.-M.

zurück zur Übersicht 1964
zurück zur Übersicht Kalendarium