Zur Oper am 24. Juli 1967 in München


Oper und Konzert, München, Datum unbekannt   

La Traviata

Nationaltheater

Hilde Güden, die so oft kühler Routine bezichtigte, gab der Violetta nicht nur die funkelnden Koloraturen der erfahrenen Primadonna, sondern auch die erschütternden Töne der gequälten Kreatur, des verzweifelten Sichaufbäumens und der trostlosen Hoffnungslosigkeit. Makelloser Belcanto stand im Dienst subtiler, unaufdringlicher Gestaltungskunst; die Erscheinung - die schöne, reife Frau - entsprach dazu so sehr dem, was die Rolle verlangt, daß man nur von einer vollkommenen Verkörperung dieser ob ihrer vielfachen Anforderungen schwierigen Rolle sprechen kann. Vater Germont wird wohl nur so viel Ehre und Sympathie zuteil, wenn ihn Fischer-Dieskau darstellt. Er betritt das Haus der Kurtisane wie ein zürnender Prophet: weißhäuptig und riesengroß, mit unwirsch lauter Stimme. Er wandelt sich unmerklich zum Verstehenden, ja Verehrenden und kämpft herzbewegend um das bürgerliche Glück seines Sohnes. Daß man diese Figur so sehr des Spießigen entkleiden kann, grenzt ebenso an ein Wunder, wie Fischer-Dieskau der Arie alles Schmalz, alle Sentimentalität nimmt, obwohl er sie voller Gefühl singt und im Forte sogar an die Grenzen geht, die seinem schlanken Bariton gesetzt sind. Der junge Wieslaw Ochman war als Alfred mit seiner etwas unbeholfenen Art durchaus richtig am Platz, steht er doch als unerfahrener, unfertiger Mensch zwischen zwei reifen, durch das Leben geprägten Persönlichkeiten. Sein geschmeidiger, schöner Tenor ist für das italienische Fach bestens geeignet.

Giuseppe Patané dirigierte mit spürbarer Freude an seinem exzellenten Solistentrio. Der Chor ging auf seine straffen, federnden Tempi gut ein.

Helga Huber

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