Zur Oper am 14. Juli 1982 in München


     

     Süddeutsche Zeitung, 16. Juli 1982     

     

Münchner Opernfestspiele

Überschattete Frauen

Wiederaufnahme der "Frau ohne Schatten"

      

Es war wieder die wohlbekannte Besetzung, mit der unser Nationaltheater eine erfolgreiche Aufführung dieser komplizierten Strauss-Mischung aus großer Märchen-Oper und psychologischem Ehe-Mysterium zustandegebracht hat; es war die mittlerweile leicht veränderte Schuh-Inszenierung, und es war auch wieder der sehr vehement-feurig das Orchester hochpeitschende Wolfgang Sawallisch.

Aber ganz froh wurde man während der ersten beiden Akte dieser Festspieldarbietung nicht. Ob die Inszenierung veraltet ist, die denn doch zu wenig klarmacht, wie es in der Seele der Färbersfrau aussieht (vielleicht weil die Färberhaus-Szenen so dunkel gehalten sind)? Jedenfalls ließ sich kaum überhören, daß Dietrich Fischer-Dieskau in seiner Färber-Rolle unvergleichlich verständlicher, sinnvoller und musikalischer artikulierend sang als die hochbesetzte Damen-Riege, wo Helga Dernesch (Amme) sowohl gestisch wie stimmlich oft expressionistisch über jedes Maß hinaus elektrahaft das Alleräußerste geben mußte und wo Ingrid Bjoner ihr Ungemach nicht so zwingend zu verdeutlichen wußte wie früher.

Vielleicht lassen einige sanfte Schwankungen dieser Aufführung sich so erklären: Wolfgang Sawallischs Orchester durfte in den Zwischenspielen so heftig auftrumpfen, daß es dann während der Szenen, die wohl noch mehr hätten nachgeprobt werden sollen, um eine Spur zu fordernd und wild die Frauenstimmen zum Forcieren animierte oder zur Blässe verurteilte. Einzig Fischer-Dieskau wurde mit alledem ganz selbstverständlich fertig, er bestätigte seine einsame Weltklasse - als hochintelligenter Sänger und Akteur - einmal mehr.

J. K.

      


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