Gewaltige Lebensleistung |
Er dürfte der Sänger sein, von dem die meisten
Tondokumente überhaupt vorliegen: Dietrich Fischer-Dieskau.
Gerade rechtzeitig zu seinem 75. Geburtstag hat Monika Wolf eine
beeindruckende Hommage an diesen musikalischen Enzyklopädisten
vorgelegt: ein vollständiges Verzeichnis aller von ihm existierenden
Tonaufnahmen, nicht nur der offiziell veröffentlichten,
kommerziellen, auch der Radio- und Fernsehsendungen sowie sämtlicher
Live-Mitschnitte, jene inklusive, die sich in Privathand befinden.
Das stattliche Ergebnis von mehr als 30 Jahren Sammeltätigkeit:
eine "Dieskaugraphie" mit 4840 Einträgen, die
539 Buchseiten füllen. Und doch ist die Auflistung nicht
komplett, sondern ein "work in progress", ist der Nimmermüde
doch nach wie vor als Dirigent, Rezitator und Lehrer aktiv. Auch
dürfte durchaus noch älteres Material des Sängers
Fischer-Dieskau zu erwarten sein, da längst noch nicht alle
Rundfunk- und Opernarchive ihre Schätze zugänglich
gemacht oder veröffentlicht haben. 22 KLASSIK heute 10/2000 |
mentiert, mit elf verschiedenen Pianisten (Hartmut Reutter, Gerald Moore, Hertha Klust, Jörg Demus, Daniel Barenboim, Norman Shetler, Alfred Brendel, Murray Perahia). Allein 15 Liederabende der Salzburger Festspiele liegen aus der Zeit zwischen 1956-1979 als Live-Mitschnitte vor. Dirigent, Rezitator, LehrerAber auch der Opernsänger Fischer-Dieskau kann sich hören
lassen: seit der ersten kompletten Opernaufnahme - zugleich sein
Bühnendebüt als Posa in Giuseppe Verdis Don Carlos
an der Städtischen Oper Berlin unter Ferenc Fricsay 1948
? hat der Bariton in 203 Gesamtaufnahmen von 79 verschiedenen
Opern mitgewirkt. Die zuletzt entstandene vollständige Operneinspielung
war Hector Berlioz' La damnation de Faust unter Charles
Dutoit, eine konzertante Aufführung an der Deutschen Oper
Berlin 1992. Von weiteren 23 Rollen liegen Auszüge oder
Querschnitte mit Fischer-Dieskau vor. Die Karriere des Dirigenten
Fischer-Dieskau setzte im Februar 1973 ein, als er auf Wunsch
des EMI-Produzenten Suvi Raj Grubb für den erkrankten Otto
Klemperer einsprang und mit dem New York Philharmonia Orchestra
Franz Schuberts fünfte und achte Sinfonie einspielte. Seitdem
entwickelte sich neben den Gesangsauftritten eine rege Dirigiertätigkeit,
die 1976 vorläufig zu Ende ging, mit Aufnahmen der vierten
Sinfonie von Brahms und von Berlioz' Harold in Italien
mit der Tschechischen Philharmonie. Das Nebeneinander von Singen
und Dirigieren stellte eine zu große physische Belastung
dar. Erst nach der Beendigung seiner Sängerlaufbahn 1993
nahm Fischer-Dieskau den Dirigentenstabwieder auf und leitete
seitdem überwiegend CD-Produktionen mit seiner Frau Julia
Varady. Monika Wolf: Dietrich Fischer-Dieskau. Verzeichnis der
Tonaufnahmen.Verlag Hans Schneider, Tutzing. 2000 |
Jörg Demus am Klavier), von Johannes Brahms' Die schöne
Magelone auch den Text der Novelle von Ludwig Tieck las.
1961 "rahmte" er seine Aufnahme von Schuberts Schöner
Müllerin (mit Gerald Moore als Pianist) durch den
gesprochenen Prolog und Epilog ein. 1964 nahm er das Melodram
Enoch Arden von Richard Strauss mit dem Klavierbegleiter
Jörg Demus auf. Seit 1993 trat Fischer?Dieskau regelmäßig
mit Rezitationsabenden und Lesungen auf. Auf CD erschienen unter
anderem Texte von E.T.A. Hoffmann, eine Sammlung von Gedichten
zur Weihnachtszeit Nacht heller als der Tag, Ein Gespräch
in Briefen zwischen Goethe und Zelter (mit Gert Westphal).
Ein einmaliger Fall blieb bis heute Fischer-Dieskaus Fernseh-Auftritt
als Schauspieler; auf Wunsch des Regisseurs Die DG ehrte Fischer-Dieskau mit einer Edition, die 20 CDs plus Bonus-CD umfasst (DG 463 500 2)Fischer-Dieskaus Tätigkeit als Gesangspädago-
|