Dietrich Fischer-Dieskau dirigierte gestern drei Schubert-Symphonien
Feldkirch (VN-Sch) Aus Anlass seines 75. Geburtstags Ende Mai wurde Kammersänger Dietrich Fischer-Dieskau, der seit seinem Abschied als Sänger erfolgreich als Dirigent, Gesangspädagoge, Maler und Buchautor tätig ist, weltweit einmal mehr als einer der großen Musikinterpreten im 20. Jahrhundert gefeiert. "DFD", wie das liebevolle Kürzel für ihn lautet, ist bekanntlich auch Stammgast der Schubertiade.
Und am letzten Tag der Feldkirch-Konzerte diente er zusammen mit dem Wiener Kammerorchester dem Namensgeber des Festivals in einer Matinee mit der Aufführung von gleich drei Symphonien - der zweiten, sechsten und dritten. Fischer-Dieskau bewies, dass er auch als Dirigent mit eleganter Gestik ein "Maestro" ist, ohne Taktstock zwar (in Harnoncourt-Manier); vor allem aber wirkt er, ob singend oder dirigierend, wie eh und je als kerzengerader Grandseigneur von der Spree. Und mit dem sehr jugendlichen Wiener Kammerorchester (es beeindruckte kurz zuvor neben Fellner, Schiff und Zehetmair) blühte der weißhaarige Meister aller Klassen temperamentsmäßig geradezu auf.
Zackiger Schubert
Das Wiener Kammerorchester, dessen Chefdirigent nun Christoph Eberle ist, zeigte bei Schubert seine Vorzüge in Fülle - klangvolles Streichermaterial, vor allem auch exquisites Holz. Und die Homogenität des Klangkörpers ist in hohem Maße gegeben. Nun, ich sehe keinen zwingenden Grund, bei einer Schubertiade dem Genius insofern zu huldigen, dass man drei Schubert-Symphonien nacheinander aufs Programm setzt. Die Konturen der Meisterwerke werden dadurch jedenfalls nicht markanter. Der Gesamteindruck der Symphonien Nr. 2 (B-Dur, D125), Nr. 6 (C-Dur, D589) und Nr. 3 (D-Dur, D200) lässt sich etwa so beschreiben: Dietrich Fischer-Dieskau nahm sehr zügige bzw. straff-zackige Tempi (Allegri oder Menuette), was insgesamt für pulsierende Vitalität in Beethoven-, aber auch Rossini-Nähe sorgte, fand aber etwa in den bezaubernden Trios oder ganz besonders im freundlichen Variationensatz der 2. Symphonie doch den Zugang zu Schuberts volkstümlichem Atem.
Ein Hauch von Biedermeiercharme schwebte aber bei der Schubert-Matinee mit im Montforthaus. Apropos: Schön wär's, würde das Wiener Kammerorchester bei einer Schubertiade einmal mit Chef Eberle gastieren . . .