Zwei Olympier im Gespräch . . .

Matinee im Angelika-Kaufmann-Saal mit Dietrich Fischer-Dieskau und Gert Westphal

VON EDGAR SCHMIDT

Schwarzenberg (VN) Kammersänger Dietrich Fischer-Dieskau ist unbestritten eine der bedeutendsten Sänger-bzw. Musikerpersönlichkeiten unserer Zeit. Auf dem Sektor der deutschen Rezitationskunst nimmt Gert Westphal, der oft zitierte "König der Vorleser", die vergleichbare Position ein.

Und die beiden in Ehren ergrauten, bereits legendären Künstler sind Stammgäste der Schubertiade; sie füllen immer noch die Säle "spielend" mit weit angereisten Fans aller Altersstufen. Dietrich Fischer-Dieskau gibt bekanntlich keine Liederabende mehr, als Musikschriftsteller, Dirigent, Maler und vor allem als Gesangspädagoge (vom 3. bis 6. September hält er bei der Schubertiade einen Meisterkurs) bzw. Rezitator mit sonorer Erzählerstimme wirkt er aber auch mit 76 Jahren unermüdlich weiter.

Meisterrezitator Gert Westphal gesellte sich am Samstag im Kleinen Dorfsaal zum (von den Fans "FIDI" genannten) Gesangsstar, und beide boten in ihrer jeweils unnachahmlichen sprachlichen Virtuosität "ein Gespräch in Briefen" zwischen Johann Wolfgang von Goethe und seinem zum Freund gewordenen Komponisten Carl Friedrich Zelter (1758-1832).

Fischer-Dieskau (Zelter) und Westphal (Goethe), die beiden Olympier am Lesetisch, bezauberten nun ihr Publikum mit einem nuancierten Dialog des gelesenen Briefwechsels. Er war als kulturhistorisches Dokument der Goethezeit ebenso interessant wie als sehr private "Herzensergießungen" zweier bedeutender, genialer Freunde.

Vorarlberger Nachrichten 3.9.01