¸¸Glücksmomente'' und Verpflichtung
Die Wolf-Akademie hat den beiden viel zu verdanken. Als es darum
ging, die Gesellschaft (nach der künstlerischen Reanimation
durch Hartmut Höll) und ihr Ziel den Musikfreunden in und
um Stuttgart herum wieder nahe zu bringen, standen sie nicht nur
mit Rat und Tat, sondern auch mit ihren guten, großen Namen
zur Verfügung: Elisabeth Schwarzkopf und Dietrich Fischer-Dieskau.
Als Maßstäbe setzende Interpreten haben beide wesentlichen
Anteil daran, dass das Lied und der Liedgesang wieder Freunde
und Publikum auch in unserer Zeit gefunden haben; als unermüdliche
Lehrer geben sie ihr Wissen um Technik und die Geheimnisse einer
beseelten Liedgestaltung an junge Künstler weiter.
Kuratorium und Vorstand der Wolf-Akademie haben nun Dietrich Fischer-Dieskau
im Vorfeld seines 75. Geburtstags am 28. Mai nach Stuttgart eingeladen,
um ihm für sein Engagement zu danken. Und dass Elisabeth
Schwarzkopf gerne bereit war, die Laudatio auf den Kollegen zu
halten, ließ diesem Treffen im Schlossgartenhotel eine historische
Dimension zuwachsen.
Elisabeth Schwarzkopf erinnerte an die gemeinsamen Auftritte auf Opern- und Konzertbühnen in aller Welt, die Fischer-Dieskau zuvor schon als ¸¸Glücksmomente'' bezeichnet hatte; noch mehr war ihr daran gelegen, die Verantwortung und Demut des Interpreten gegenüber dem Kunstwerk und seinem Schöpfer herauszustellen, die stets das oberste Prinzip ihrer beider Künstlerleben gewesen seien. Fischer-Dieskau hatte dies zuvor als ¸¸Anmut und Würde'' bezeichnet, die man als ¸¸gemeinsamen Anspruch auf dem Podium'' vertreten habe.
Das Geschenk einer Stimme, die Menschen anzurühren vermag, so Elisabeth Schwarzkopf, sei Glück und Verpflichtung zugleich. ¸¸Manche Sänger veranlassen zum Nachdenken, andere rühren an'' - Fischer-Dieskau sei die seltene Gabe gegeben, in Lied, Oper und Oratorium gleichermaßen Menschen in seinen Bann zu schlagen.
Dass auch Fischer-Dieskaus Arbeit als Lehrer auf fruchtbaren Boden fällt, davon konnte sich die Versammlung durch die gelungenen Darbietungen zweier seiner Schüler überzeugen: Christiane Libor (Sopran) und Christoph Sökler (Bariton) sangen, souverän begleitet von Claar ter Horst am Flügel, Duette von Mendelssohn und Schumann.
.Dieter Kölmel
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