Zum Konzert in Berlin im Funkhaus Berlin am 5. Juni 1948

 

" Dietrich Fischer-Dieskau.
Der junge Bariton befindet sich nach wie vor in aufsteigender Linie. Stets besticht die Geschmeidigkeit, Wärme und das Mühelose seiner Stimme; Verhaltenheit und Weichheit, vor allem im noch klingenden Pianissimo, sind nur gebändigte Kraft, die, wenn sie einmal hervorbricht, außerordentlich glanzvoll wirkt. Das einheitliche Timbre wird bewußt gewechselt, wenn es die musikalische Gestaltung erfordert. Jedes Lied erhält die nur ihm eigene Atmosphäre, ganz gleichgültig, ob es sich wie an diesem Abend, um amerikanische Volkslieder oder um Schubert und Wolf handelt. Gerade die Herbheit Wolfs liegt dem jugendlichen Sänger besonders gut. Seine Ausdruckskraft ist so stark, daß sie die Unzulänglichkeit der Begleitung durch Ludwig Hoffmann ganz vergessen läßt. Als Solist konnte er in zwei Chopin-Etüden, später in den Symphonischen Etüden von Schumann durch übermäßigen Pedalgebrauch keineswegs über seinen groben und hölzernen Anschlag hinwegtäuschen, auch in den kantablen Stellen, von unmotivierten Akzenten und Rubati ganz zu schweigen. Fortissimo blieb Trumpf. Fischer -Dieskau sang ferner, vom Komponisten begleitet, drei Lieder seines Bruders Klaus, die sich an große Vorbilder (Schubert bis Reger) anlehnen und recht geschickt aufgemacht sind, im oft monnoton akkordischen Klaviersatz allerdings noch mehr aufgelockert sein könnten."

Musikblätter. Zeitschrift für alle Gebiete der Musik, Jahrgang 2,1. Juliheft 1948, Heft 13, Seite 27. (Autor unbekannt)
(eruiert und mitgeteilt von Jonas Olejniczak, im Rahmen seiner musikwissenschaftlichen Arbeit 2010)

 

 

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