Zum Konzert am 3. Februar 1958 in Berlin

Berliner Tagesspiegel, 5. Februar 1958

Ein Bach-Händel-Abend

EIN BACH-HÄNDEL-ABEND mit Dietrich Fischer-Dieskau und so hervorragenden Instrumentalisten wie dem Flötisten Aurele Nicolet und der Cembalistin Edith Picht-Axenfeld hatte den Hochschulsaal bis zum Podium hinauf gefüllt. Dennoch: so meisterhaft die Flötensonaten Händels und Bachs vorgetragen wurden, so sanft und lieblich im Ton, so lebendig in der Phrasierung - in diesem Raume haben sie mit dem tonschwachen Cembalo nicht allein akustisch, sondern auch wegen ihrer kontrastlosen kammermusikalischen Breite einen schweren Stand. Händels bekannter G-dur-Chaconne die so notwendigen Farbwirkungen abzugewinnen, tat die Cembalistin das Mögliche. Unabhängiger von den Raumbedingungen war der Sänger, der sich um drei Arien Bachs bemühte, deren erste die etwas umständliche Kantate "Amore traditore" war. Die deutschen Texte der beiden anderen sind in ihrer barocken Abgeschmacktheit heute nur einem kleinen kennerischen Kreis zuzumuten, der etwa in "Ächzen und erbärmlich Weinen" sein Ohr den chromatisch expressiven melodischen Linien allein zuzuwenden bereit ist. Der Kunst des Sängers gelang es dennoch im Verein mit den obligaten Instrumenten, zu denen noch die Violine Michel Schwalbés und das Continuo-Cello Irmgard Poppens hinzutraten, die Hörer zu langem Beifall hinzureißen.

 

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