Zum Liederabend am 8. Februar 1970 in Zürich


    

     Quelle unbekannt, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit Schweizer Presse.     

    

Die großen Meister des Liedes

     

Lieder nach Gedichten von J. W. Goethe, so hiess das Motto, das Dietrich Fischer-Dieskau seinem Liederabend im Rahmen des Meister-Zyklus gab. Man hätte das Programm auch »kleine Geschichte des deutschen Liedes« nennen können. Die Frühzeit wurde kurZ beleuchtet mit Kompositionen von Anna Amalia, der Herzogin von Sachsen-Weimar, von J. F. Reichardt und Goethes musikalischem Berater C. F. Zelter. Ihrer Bedeutung entsprechend mit mehr als einem Lied kamen Schubert, Schumann, Brahms und Wolf zu Worte. Von R. Strauss, Schoeck, Reger und Busoni gab Fischer-Dieskau ein »Müsterchen«. Man kann das Programm bunt nennen, es war aber, auch kurzweilig und interessant, und der Sänger fand bei der Wahl der Texte genau die richtige Mischung von Dramatik, Lyrik und Humor, die wohl nicht nur dem Berichterstatter zusagte.

Man soll mit Superlativen vorsichtig sein, trotzdem dar man wohl sagen, Fischer-Dieskau sei der derzeit beste Liedersänger. Ob er nun mezzavoce oder forte singt, seine Stimme trägt. Man vergass den Nachteil, in der letzten Reihe des Grossen Tonhallesaals zu sitzen, und war vom ersten bis zum letzten Ton gefesseIt. In Karl Engel fand der Sänger einen Begleiter, der nicht nur das dynamische Gleichgewicht zu wahren wusste, sondern auch den rein pianistischen Elementen, die in der Romantik ja wesentliche formale Bestandteile des Liedes sind, vollauf gerecht wurde.

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     Neue Züricher Zeitung, Datum unbekannt     

   

Dietrich Fischer-Dieskau (Bariton). Am Flügel: Karl Engel.
Großer Tohalle Saal, 8. Februar 1970

 

Die ausschließliche Darbietung von Vertonungen von Gedichten Goethes und die vollkommen ausgereifte Persönlichkeit des Interpreten verliehen dem als fünfte Veranstaltung des Meisterzyklus der; Konzertgesellschaft Zürich durchgeführten Konzert absolut überzeugende geistige und musikalische Einheit, die aber nie zu «Einförmigkeit» entartete. Ganz im Gegenteil: Die sorgsam durchdachte Wahl und Gruppierung der einzelnen Stücke ließ die Hörer ebenso innig an der alle Gefühlsbereiche umspannenden geistigen Welt Goethes teilnehmen wie auch an der über einen außerordentlichen Reichtum an Ausdrucks- und Intonationsnüancen verfügenden Kunst des Sängers. Angesichts der anscheinend «selbstverständlichen», aber gewiß in intensivem Studium erarbeiteten gesangstechnischen Vollendung der Darbietungen, die durch das meisterhafte Spiel des Begleiters wunderbar unterbaut wurden, konnte man sich ganz dem Miterleben der ungemein mannigfaltigen Inhalte und Stimmungen der einzelnen Lieder hingeben. Da das Programm insgesamt 23 Stücke von 12 verschiedenen Komponisten (Herzogin Anna Amalia, Reichardt, Zelter, Beethoven, Schubert, Schumann, Brahms, R. Strauss, Schoeck, Reger, Busoni und H. Wolf) aufwies, erscheint die Hervorhebung von besonders geglückten Einzelheiten kaum sinnvoll. Wir begnügen uns daher mit der Feststellung des glückhaften Gelingens des ganzen Konzerts, das wohl jedem, der an ihm .........(abgerissen)

Rh.

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