Zum Liederabend am 21. Oktober 1971 in Paris


Pariser Kurier, 6. November 1971

Fischer-Dieskau

Sänger mit grossem Anklang

Bei seinem l e t z t e n, triumphalen Recital am 21. Oktober war es für Dietrich Fischer-Dieskau nicht das erste Mal, dass sich seinetwegen das Publikum erhob und ihm stehend Ovationen darbrachte. Wenn jemals ein Sänger von den Franzosen ins Herz geschlossen wurde, dann wohl Deutschlands internationalster Gesangsinterpret Dietrich Fischer-Dieskau.

Um ihn streiten sich Schallplattenkonzerne und Konzertagenten, denn sein Name ist in der ganzen Welt Garantie für volle Kassen seit mehr als 20 Jahren, als Wilhelm Furtwängler auf ihn aufmerksam wurde. Sein Pariser Debut gab er übrigens schon 1955 im mit Schuberts "Winterreise" und daraus wurde eine Liebe auf den ersten Blick, die aber auf Gegenseitigkeit beruht: So oft er nur kann, gastiert er in Frankreich und so bleibt es auch in Zukunft.

Im Juni kommenden Jahres gibt er in Paris (19./20.), Versailles (22.) und zum Lyon-Festival Orchesterkonzerte. Wolfgang Amadeus Hartmanns "Gesangszenen aus Sodom und Gommorrah" nach Texten von Giraudoux kommen dabei zur Erstaufführung. Unter Georg Solti eröffnet er am 28. Oktober 1972 mit Mahlers "Lieder eines fahrenden Gesellen" die neue Saison des Orchestre de Paris und am 3. November 1972 ist sein nächster Pariser Liederabend. Ein Künstler, der auf Jahre hinaus mehr oder weniger restlos ausgebucht ist: In einigen Wochen enregistriert er, ebenfalls unter Solti, in der neuesten "Parsifal"-Gesamtaufnahme den Amfortas, eine Rolle, mit der er auch in Bayreuth gefeiert wurde, anschliessend das gesamte Liedschaffen von Johannes Brahms, wie vorher schon Schubert und Richard Strauss.

Füe alle Musikfreunde nachfolgend noch einige wichtige Daten interessanter Musikfeste, falls der eine oder andere unserer Leser Fischer-Dieskau-Fan sich dorthin begeben sollte: Im Münchner Nationaltheater ist am 13. Februar 1972 eine Neuinszenierung von Richard Strauss' "Frau ohne Schatten" fällig. Fischer-Dieskau singt, wie schon bei der Wiedereröffnung des Hauses nach dem Krieg, erneut die Rolle des Barak. Unter Herbert v. Karajan am 28. und 31. März in der "Matthäus-Passion" zu den Salzburger Osterfestspielen; zu den Salzburger Festspielen am 27. Juli 1972 in "Cosi fan tutte", beim Edinburgh-Festival am 29. August unter Barenboim das "Brahms-Requiem" und zu den Berliner Festwochen in der Uraufführung der neuen Fortner-Oper "Elizabeth Tudor" - ein respektabler Auszug aus einem prallen Terminkalender.

Ernest Meunier

zurück zur Übersicht 1971
zurück zur Übersicht Kalendarium