Zum Liederabend am 20. September 1975 in Berlin    


     Berliner Morgenpost, Berlin-West, 23. September  1975     

Klänge aus Frankreich

     

Es war zu erwarten, daß der "französische Abend" mit Dietrich Fischer-Dieskau, Wolfgang Sawallisch am Klavier und den philharmonischen Solisten zu einem Höhepunkt der Festwochen geraten würde. Dafür stand nicht nur der bekannte Leistungsstand der Interpreten, sondern auch das Programm.

Sympathisch vor allem, daß auf die etwas sterile Kombination Singstimme/Klavier ganz verzichtet wurde zugunsten farbigerer Kammermusikbesetzungen.

So wurde, rein instrumental, der Abend mit Roussels Trio-Sonate für Flöte, Bratsche und Cello eröffnet. In den Verlaine-Vertonungen "La Bonne Chanson" von Gabriel Fauré verband sich Fischer-Dieskaus Bariton mit dem Streichquartett und dem Klavier zu raffinierter Poesie-Ausdeutung.

Persiflage

Maurice Ravel, mit den drei "Madegassischen Liedern" in diesem Programm durchaus unterrepräsentiert, wurde nicht ganz so liebevoll von den Interpreten bedacht wie die dankbarere Kantate "Le Bal Masqué" von Francis Poulenc. Diese schmissig-witzige Persiflage auf den Songstil der zwanziger Jahre zündete, obwohl französisch gesungen, beim Publikum unmittelbar.

-w-

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     Der Abend, Berlin-West, 22. September  1975     

Meisters Stücke

Fischer-Dieskau in der Philharmonie

   

Dietrich Fischer-Dieskau wählte für seinen Festwochen-Liederabend nichts als drei unbekannte Liedgruppen in französischer Sprache – er kann sich solche "Kühnheit" leisten – und heraus kommt eine Folge von Delikatessen, von Schmuckstücken, so daß die Freunde von Entdeckungen, die der Kenntnis und dem Geschmack des Sängers vertraut haben, aus einem Entzücken ins andere fallen. Am Flügel sitzt mit Wolfgang Sawallisch, dem Münchner Dirigenten, einer der kompetentesten, wachesten, geschicktesten Begleiter, die es heute gibt. Berlin kannte ihn in dieser Funktion noch kaum. Er lenkt buchstäblich spielend eine kleine philharmonische Mannschaft mit Künstlern wie Brandis, Böttcher, Zöller und anderen, die ein zauberhaftes Kammerorchesterchen bilden.

Fischer-Dieskau servierte die Unbekanntheiten mit der ganzen Singkunst und Intelligenz, deren nur er Herr ist, meist im gedämpften Mezzoforte, aber von Lied zu Lied auch mit Leidenschaft oder mit sprühendem Humor. Zuerst ein Zyklus "La Bonne Chanson" von Fauré über Sommertage und Mondschein auf Verse von Verlaine, zuletzt ein witzig-geistreicher, surrealistischer Liederkreis "Maskenball" des ebenfalls wenig bekannten Poulenc.

Dazwischen standen drei wunderbar stimmungsgetönte madegassische Gesänge von Ravel für Bariton, Flöte, Cello und Klavier, Raritäten von feinstem Zuschnitt – und zur instrumentalen Einstimmung eine Trio-Sonate des anderen Meisters Debussy – ein Programm, das für sich schon ein Kunstwerk bedeutete, wie es Festwochen gemäß ist.

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W. S.

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     Der Tagesspiegel, Berlin-West, 23. September  1975     

Vom Geiste Frankreichs

Kun Woo Paik spielte Ravel – Liederabend Dietrich Fischer-Dieskau

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Schlagender konnte die Wirkung nicht sein, und wahrscheinlich war es vernünftig, daß Dietrich Fischer-Dieskau und seine exzellenten Begleitmusiker aus dem Berliner Philharmonischen Orchester nebst Wolfgang Sawallisch am Flügel keine Wiederholung draufgaben. Auch Witze erzählt man besser nicht zweimal, und seien sie noch so geistreich und erlesen. Das Publikum in der – so esoterisch war das Programm verstanden worden – nicht ganz ausverkauften Philharmonie jedenfalls war voller Begeisterung und hätte sehr gern noch mehr gehört.

Fischer-Dieskau hatte sich wieder einmal ganz anders gezeigt. Anlaß der Überraschung war die Kantate "Le bal masqué" für Bariton und Kammerorchester von Francis Poulenc, Musik wie die Gedichte von Max Jacob, dem "ersten Surrealisten", aus dem Jahre 1932. Das sind ziemlich haarsträubende Hirngespinste zwischen Zigeunerwalzer und Diabetes, Parfüm und Gruft, Gaukeleien von schwarzem Humor, skeptisch, ein bißchen teuflisch, närrisch: "Mademoiselle Malvina läßt ihren Fächer nicht mehr los seit ihrem Tod...", liest sich das in der Übersetzung.

Eine besonders typisch französische Angelegenheit und daher hier wenig bekannt, musikalisch treu den Forderungen der "Groupe des Six", unromantisch direkt, melodiös, auf kabarettistisch unterhaltende Weise am Wort entlang komponiert, viel zwanziger Jahre im Klang, Music Hall und Satie. Von philharmonischen Meistern – darunter Brandis, Steins, Leister, Braun – gereicht, entzückten die Delikatessen der Instrumentierung, die Fischer-Dieskau als sarkastischen Chansonnier unterstützten. Zum Schluß ließ er seine Stimme lustvoll ins Falsett umkippen. Die Wandlungsfähigkeit oder Verstellungskunst des Sängers, dessen Namen der Musikfreund gemeinhin in erster Linie mit Interpretationen auf der Schubert-Ebene in Verbindung bringt, ist Signum seines Genies.

Lieder von Gabriel Fauré und Maurice Ravel führten, auch kompositorisch, zu dem Poulenc-Finale hin. Die "Trois Chansons madécasses" für Bariton, Flöte, Cello und Klavier von Ravel verdankten ihre atmosphärische Dichte nicht zuletzt auch dem Instrumentarium, zumal Karlheinz Zöllers zauberischen Flötengirlanden, die sich um die Gesangslinie rankten. Der "weiße Mond", der "bleiche Morgenstern" und das "fahle Licht" in den Verlaine-Vertonungen "La bonne chanson" Opus 61 (1892/93) des in Frankreich hochgeschätzten Fauré wollen wiederum andere, weichere Töne: Fischer-Dieskau setzte sie manchmal fast ohne Vibrato an. Ihn begleitete ein wohlklingendes Klavierquintett, ab und zu von sanftem Pizzicato oder auch ein paar gestrichenen Tönen des Kontrabassisten Klaus Stoll fundamentiert. Entbehrlich, aber gut gespielt von Karlheinz Zöller, dem Bratschisten Rainer Moog und dem Cellisten Wolfgang Boettcher war ein Trio von Roussel vorausgegangen. Erfahrung des schönen Festwochenabends: keine Angst vor aparten Programmen!

S. M.

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     Die Welt, Hamburg, 23. September  1975     

Seiji Ozawa, Kun Woo Paik und Dietrich Fischer-Dieskau bei den Berliner Festwochen

Eine sympathische Mauer aus Musik

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Feierte Paik den 100. Geburtstag Ravels in aller Ausführlichkeit, so begnügte sich Dietrich Fischer-Dieskau bei seinem Konzert mit französischen Liedern mit einem kurzen Hinweis auf die drei "Chansons Madécasses". Die beiden Zentralereignisse seines ungewöhnlichen Programms lieferten jedoch Fauré mit "La bonne Chanson" (begleitet von einem Klavierquintett, angeführt von Wolfgang Sawallisch am Flügel) und Francis Poulenc mit "Le Bal masqué", einer Profan-Kantate für Kammerorchester und Bariton. Auf Gedichte des französischen Dada-Max, mit Nachnamen Jacob.

Zwei Zyklen, selten gespielt, ebenso kostbar wie köstlich. Faurés Liebeslieder, die Marcel Proust schon bewunderte, als sich die Komponistenkollegen aller Schattierungen noch gegen das Werk stellten, zeigen noch heute ihren blühenden Reichtum an unverwelkten Valeurs. Kein Wunder, daß auch die Colette zur Bewunderin Faurés wurde. Seine duftige Kunst, farbsprühend durch feinste kompositorische Düsen, wurde von Fischer-Dieskau und den assistierenden philharmonischen Kammervirtuosen mit äußerster Delikatesse nachgezeichnet. Den großen Spaß der witzigen Poulenc-Lieder mit ihrer Nonchalance, ihrer musikalischen Pointierungslust pfefferten die distinguierten Herren auf dem Podium dann mit der Ausgelassenheit einer Schulklasse hin, der es bei einem Paris-Besuch erfolgreich gelungen ist, dem Aufpasser auszukneifen.

Klaus Geitel

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     Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14. Oktober 1975     

Zerklüfte...........
 
(Überschrift weggeschnitten!)

Einfühlung in die Liedwelt anderer Völker gehört zu den schwersten Aufgaben der Interpretation. Dietrich Fischer-Dieskau hat in seiner mehr als fünfundzwanzigjährigen Laufbahn immer neues Terrain zu erobern gewußt. Nun ist der ewig Wandelbare mit einem Programm französischer Lieder hervorgetreten: schon sprachlich keine Kleinigkeit. Denn gesungenes und gesprochenes Französisch sind zweierlei, auch nach Debussy und Ravel, die mit den Überlieferungen der Prosodie gebrochen haben.

Gabriel Fauré, 1924 als Mentor einer Komponistengeneration gestorben, gilt in seinem Land als französischer Schubert. Aber alle Versuche, sein umfangreiches lyrisches Werk zu exportieren, sind mißlungen. "La bonne chanson" nach Texten Verlaines ist sein beliebtester Zyklus. Fischer-Dieskau sang die Originalfassung mit Quintett-Begleitung. Vom ersten Ton an spürte man den etwas blassen Zauber, den Faurés Musik mit den schwermütigen Gedichten teilt. Zurückhaltend, oft mit halber Stimme, die Tongebung stets auf die begleitenden Instrumente bezogen, steigerte sich der Vortrag bis zur Frühlingsverheißung "L’hiver a cesé".

Mit so spätromantischem Idyll haben Ravels Madegassische Lieder nichts gemein. Für das erregte Liebeslied, den Kriegsgesang gegen die weißen Kolonisten und den Abendhymnus öffnet Ravel alle Quellen seiner Ausdruckskunst; Fischer-Dieskau folgt diesem Weg auf wahrhaft dramatische Art. Zum Schluß gab es Francis Poulencs 1932 für die Princesse de Polignac geschriebenen "Bal Masqué". Max Jacob, der 1944 in einem Konzentrationslager umgekommene Freund Picassos, Schlüsselfigur moderner Lyrik, hat die vier Gedichte geschrieben, Gerüst der weltlichen Kantate für Bariton und Kammerorchester. Die verspielten, sarkastischen, mitunter zynischen Verse mußten Poulenc entzücken.

Hier zog Fischer-Dieskau alle Register seiner spitzbübischen Heiterkeit und proteusartig sich wandelnden Kunst. Er wiegte sich in den Rhythmen der Tänze und ließ die Zwischenspiele nach dem ersten und dritten Lied physisch miterleben.

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H. H. Stuckenschmidt

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     Spandauer Volksblatt, Berlin-West, 23. September  1975     

Spezialitäten aus dem Süden

Festwochen-Thema Mittelmeer: Dietrich Fischer-Dieskau und Kun-Woo Paik

   

Das Mittelmeer, eines der Leitthemen der diesjährigen Festwochen, ist – was läßt sich ihm nicht alles zuordnen! – eigentlich ein Allerweltsthema. Sehr konkret gefüllt wurde es am Wochenende in zwei Kammerkonzerten im großen Rahmen der Philharmonie.

Dietrich Fischer-Dieskau, der seit kurzem Fünfzigjährige, nutzt sein sängerisches Ingenium und seine unverminderte Zugkraft, sich immer wieder Neues zu erobern. Das Neue lag diesmal schon in der Begleitung, einem Ensemble von Solisten aus den Reihen unserer Philharmoniker und – am Klavier – niemand Geringerem als dem Münchener Opernchef Wolfgang Sawallisch. Eine Musiziergemeinschaft, die Freude an lauter entlegenen Kostbarkeiten südlich leuchtender französischer Musik zu verbreiten verstand. Das einleitende Trio op. 40 von Albert Roussel geriet noch etwas unverbindlich. Aber die Verlaine-Vertonungen von Gabriel Fauré op. 61, ein Liebes- und Stimmungszyklus mit dem gelassenen Titel "Das gute Lied" (La Bonne Chanson), stattete Fischer-Dieskau mit allem Schmelz, aller Empfindungszartheit aus.

Ein kontrastreiches Meisterstück sind die drei madegassischen Lieder von Ravel: Auf ein schwebend sehnsüchtiges Liebeslied an die "schöne Nahandove" folgt der dramatische Warnruf das "Aoua!", der vom Kampf mit den weißen Eindringlingen berichtet, ehe im dritten Lied der erquickenden tropischen Siesta Tribut gezollt wird. Fischer-Dieskau gestaltete die wechselnden Seelenlagen mit seiner ganzen Kunst der schimmernden Andeutung der rhapsodischen Überwältigung. Danach, überraschend genug, eine Wendung ins Humoristische. "Le Bal Masqué" von Francis Poulenc, ein surrealistisch-ironischer Maskenball von lauter Spottliedern, dürfte nach dem Heiterkeitserfolg an diesem Abend auch für uns "entdeckt" sein. (Der Textautor Max Jacob, Poet, Mönch und im Alter KZ-Opfer, darf als französisches Pendant zu Morgenstern gelten.)

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Hans-Jörg von Jena

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     Darmstädter Echo, 3. Oktober  1975     

Im Blickpunkt: Berlin

Konzerte bei den Festwochen

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Dietrich Fischer-Dieskau leistete, ebenfalls mit einem exotischen Programm, seinen Beitrag zu den Festwochen. Mit Wolfgang Sawallisch am Flügel und Konzertmeistern der Philharmoniker tat er sich zusammen in Liederzyklen von Gabriel Fauré, Maurice Ravel und Francis Poulenc, die man allenfalls aus der Musikgeschichte oder vom Hörensagen kennt. Faurés neun Gesänge aus dem Verlaine-Zyklus "La Bonne Chanson" mit Klavier und Streichern inklusive Kontrabaß, Ravels drei "Chansons Madécasses" mit Flöte und Cello, endlich Poulencs "Maskenball" für Klavier, Schlagzeug, Streicher und Bläser – wo kann man sie schon einmal hören; und wo dann noch so optimal ausgefeilt und von traumhaft zutreffender Stimmungsdichte erfüllt wie hier von dem bis zur Versonnenheit feinfühligen Fischer-Dieskau und den ihm in der Stilkundigkeit ebenbürtigen Philharmoniker-Solisten. Welche verschüttete, überwiegend aus Besetzungsgründen vernachlässigte Musik liegt hier brach, die einen nicht zu überschätzenden Repertoire-Zugewinn darstellen würde. Immerhin ermöglichen Festival-Foren wie das Berliner solche Aktivitäten.

Hanspeter Krellmann

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     Die Wahrheit, Berlin-West, 25. September  1975     

Fischer-Dieskau hochkultiviert

   

Das eher mäßig gefüllte Auditorium der Philharmonie bei Dietrich Fischer-Dieskaus Liederabend zeigte eine gewisse Festwochenmüdigkeit des Konzertpublikums. Vorgestellt wurden im Rahmen der etwas an den Haaren herbeigezogenen Festwochenthematik des "Mare nostrum" – Kunst und Musik des Mittelmeerraums – nur französische Komponisten des 20. Jahrhunderts.

Einstimmend das Trio op. 40 für Flöte, Viola und Violoncello von Albert Roussel (1869-1937), dann Gabriel Faurés (1845-1924) Liedzyklus "La bonne Chanson" nach Gedichten von Paul Verlaine. Fischer-Dieskau sang sämtliche Lieder im französischen Originaltext; angenehm, daß der vollständige deutsche Text aller Gedichte im Programmheft abgedruckt war. Verlaines Gedichte kreisen hier um das Thema von Liebe und Naturerleben.

Musik von Rang dann die "Trois Chansons Madécasses" von Maurice Ravel (1875-1937) für Bariton, Flöte, Violoncello und Klavier. Die Texte der drei 1925/26 als Auftragswerk entstandenen Lieder stammen von Evariste Parny. Sparsam, fast asketisch ist nicht nur die Besetzung, sondern auch die Musik selbst. Das erste Gedicht beschreibt den Liebesakt mit der "schönen Nahandove", deren Name zur melodisch ausgezierten musikalischen Vokabel wird. Das zweite Gedicht stellt den erfolgreichen Kampf gegen die Weißen dar; die Einwohner von Madagaskar stehen dabei stellvertretend für alle unterdrückten Kolonialvölker. Das mit einem Aufschrei "Aoua! Aoua! / Mißtraut den weißen Küstenbewohnern" beginnende Lied ist über einem düsteren, drohenden Ostinatogebilde gebaut. Kontrapunktisch zum triumphierenden "Wir sind frei!" schließt das Lied leise und verhalten. Auch in den Ausbrüchen sang Fischer-Dieskau perfekt.

Th. K. A.

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     Oberhessische Presse, Marburg,  26. September  1975     

Ein interessanter Kontrast

Seltene Kostbarkeiten

Fischer-Dieskau und philharmonische Solisten

   

Ein Abend von kammermusikalischem Charakter bildete in der Philharmonie den interessanten Kontrast zu den großen Orchesterkonzerten der Berliner Festwochen.

Fischer-Dieskau hatte für seinen Auftritt ein apartes Programm zusammengestellt. Drei Liedzyklen französischer Komponisten mit Instrumentalbegleitung: "La bonne chanson" von Fauré nach Gedichten Paul Verlaines; "Trois chansons madécasses" von Ravel; "Le bal masqué" von Poulenc, Vertonung eines Gedichtzyklus des Surrealisten Max Jacob.

Während die Fauré- und Ravel-Gesänge atmosphärische Dichte, subtile Klangfarben, lyrische Emphase vermitteln, überrascht Poulenc durch eine unromantisch witzige Komposition, die an Saties Café-concert und Music Hall Stil orientiert ist, und dem geistreichen Nonsens der Textvorlage glänzend korrespondiert. Man fühlte sich ins Cabaret versetzt.

Fischer-Dieskau zeigte seine Meisterschaft als Interpret von Stimmungen und darüber hinaus eine neue Seite als sarkastisch pointierender Chansonnier.

Ein Genuß besonderer Art war das Spiel der philharmonischen Solisten, jeder ein Meister seines Instrumentes (Brandis, Boettcher, Zöller, Koch u.a.).

Ruth Köhler

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     Petrusblatt, Berlin-West, 28. September  1975     

Grandioser Erfolg

Fischer-Dieskau und philharmonische Solisten

   

Was da bescheiden als Liederabend deklariert war, erwies sich alsbald als ein sprühendes Feuerwerk interpretatorischer Kunst von hohen Graden, dem das Programm – nur aus Franzosen bestehend – reichliche Gelegenheit zu breitester Entfaltung bot.

Roussels Trio op. 40 für Flöte, Viola und Violoncello, einziges Instrumentalstück des Abends, wurde einfühlsam und präzis dargeboten, sodann aber gehörte das Podium dem großen Dietrich Fischer-Dieskau, der mit äußerster Akkuratesse und spürbarem Engagement "La bonne chanson" von Fauré und die "Trois chansons madécasses" seines Schülers Ravel gab.

Deutlich die kompositorische Weiterentwicklung vom spätromantischen Lehrer zum Schüler, bei dem bereits expressive Klangfarben und markierte Rhythmik dominieren, wiewohl auch er lyrische Töne nicht scheut.

Zu einem ausgesprochenen Spaßvergnügen aber geriet schließlich "Le bal masqué" von Francis Poulenc, vom aufmerksamen Publikum mit Szenenapplaus unterbrochen, und selten sah man wohl Musiker selbst so amüsiert bei der Arbeit.

Überhaupt ist allen Instrumentalisten hohes Lob für ihre Begleitung und die Bewältigung ihres teilweise schwierigen Parts zu zollen: Thomas Brandis, Peter Brem, Rainer Moog, Wolfgang Boettcher, Klaus Stoll, Karlheinz Zöller, Karl Steins, Karl Leister, Manfred Braun, Konradin Groth und Fredi Müller.

Frenetischer Beifall und viel Bravo belohnten die Künstler für einen beispielhaften Abend musikalischen Genusses.

rt.

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