Zur Oper am 23. August 1981 in Berlin


Der Tagesspiegel, Berlin, 25. August 1981 

Zeit für die Oper

Spielzeitbeginn mit Matinee und "Hochzeit des Figaro"

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Am Abend "Die Hochzeit des Figaro" in Götz Friedrichs Inszenierung, 18. Aufführung seit der Premiere am 14. Dezember 1978. Den musikalischen Weihen und Weisheiten von Daniel Barenboim und Karl Böhm, durch deren Hände die Einstudierung zuvor gegangen ist, hat Jesus Lopez Cobos ein geschärftes Bild der Partitur entgegenzusetzen, das auf geschliffener Kantabilität der Einzellinien beruht, aufleuchtend in den erstaunlichen Soli des Fagotts, insgesamt einer vitalisierten Sanglichkeit. Die Zusammenarbeit mit dem Orchester zeichnete sich durch Präzision und Frische aus.

Julia Varady als Gräfin, Barbara Hendricks als Susanna, José van Dam als Figaro, Patricia Johnson als Marcellina, Donald Grobe als Basilio fanden als übernommene Premierenbesetzung viel – abgestuften – Beifall. Pieter van den Berg stattete sein Berlin-Debüt in der Rolle des Bartolo mit Charakterzügen aus, die wohl als erzkomödiantisch zu bezeichnen sind. Ruthild Engert war Cherubino: eher scheu in der visionären Einsamkeit des Jünglings als burschikos, ein kleiner Bruch im Registerwechsel der Stimme dürfte zu überwinden sein.

Im Ensemble repräsentiert Dietrich Fischer-Dieskau einen Teil jener berlinischen Kontinuität, die für Veränderung in der Opernwelt steht. Sein Graf Almaviva dominiert, indem er musikalisch-darstellerisch immer wieder Impulse aussendet, so daß eine Art von fruchtbarer kontrapunktischer Spannung zwischen dem Menschen auf der Bühne und dem Dirigenten am Pult zu herrschen scheint. In der Arie die Ausdruckskoloraturen wie aus heiligem Zorn hervorzuschleudern, das kann keiner so wie er.

Sybill Mahlke

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