Zum Konzert am 11. Juli 1985 in München


    

     Süddeutsche Zeitung, 13./14. Juli 1985     

Die Klassik – voll Choleriker

5. Festkonzert der Münchner Philharmoniker

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Zwischen die symphonischen Felsen stellte Dietrich Fischer-Dieskau Kurzformeln von vier Charakteren anhand von vier Konzertarien Mozarts. Die steinige Landschaft Harnoncourts schien durch Menschen belebt. Der heftige Impuls im Orchestralen blieb sich gleich, aber man begrüßte es, den symphonischen Duktus der meist zur Kulisse verniedlichten Partituren hervorgehoben zu sehen. In der Baß- wie der Baritonlage gleich souverän, durchlitt Fischer-Dieskau die Qualen eines Heldenvaters, der von seiner Tochter Abschied nimmt (KV 513), gab er verschmitzt-ironisch eine Lektion über die weltmännische Technik des Handkusses (KV 541), bebte er in schöner Empörung über schnöden Verrat (KV 432) und konzentrierte er die Moral von "Cosi fan tutte" in die buffoneske, nachmals in der Oper ausgetauschte Glanznummer KV 584.

Der Dramatiker Mozart, der Magier der melodischen Wortbehandlung, war in Kurzformeln gegenwärtig. Perfektes Theater auf perfekten Stimmbändern. Jubel für Fischer-Dieskaus Einmann-Oper.

Karl Schumann

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