Zum Liederabend am 5. April 1987 in Baden-Baden


    

     Zeitung nicht bekannt, 8. April 1987     

Vier Liederabende mit Fischer-Dieskau

Der bekannte Interpret ist zu Gast beim Südwestfunk für Fernsehaufnahmen

     

Die Gelegenheit, Dietrich Fischer-Dieskau live zu erleben, hatten jetzt Hörer im Hans-Rosbaud-Studio. Das Fernsehen des Südwestfunks zeichnete an vier Abenden Lieder von Franz Schubert, Schumann, Mahler und Wolf mit diesem Interpreten auf. Schon als der große Sänger das Podium betrat, empfing ihn starker Applaus. Es war eine spontane Würdigung des Liedsängers Dietrich Fischer-Dieskau.

Auffallend die geballte Konzentration, die sich nicht nur in Kraft äußert, sondern in höchster Sensibilität ihren Ausdruck findet. Dietrich Fischer-Dieskau ist eine einzigartige Erscheinung auf dem Liedpodium. Die Auslotung des Textgehaltes weiß er zu perfektionieren wie kein anderer. Dennoch ist er immer durch strengste Stimmkontrolle und peinlich genaue Aussprache den "fernen Klängen" auf der Spur. Er setzt die Modifikation der Stimmfärbung und Konsistenz des Materials als Ausdrucksmittel ein. Er hat seine ganz eigenen Klangvorstellungen, die niemals manieriert wirken.

Für den Schubert-Abend hatte Fischer-Dieskau Lieder der "letzten Jahre" ausgesucht. Keine Highlights aus den Zyklen, sondern schlichte, verträumte, teils auch sich aufbäumende Lieder mit resigniertem Akzent. "Schlagt mein ganzes Glück in Splitter, nehmt mir alle Habe gleich, lasset mir nur meine Zither und ich bleibe froh und reich." Dieses Lied "Des Sängers Habe" auf die Worte von Franz Xaver Freiherr von Schlechta, war eines der vielen Leitmotive dieses Abends.

Auch der Zuhörer wurde "Froh und reich", als er in die Welt des Liedes geführt wurde. Man vergaß, daß es ein gesungenes Lied war, so sehr war der Sänger mit seinem warm klingenden Bariton in der Lage, den Zuhörer loszurücken in die "Welt der fernen Klänge".

Daß Fischer-Dieskau auch an seine Stimmgrenzen kam und sie weit überschritt, läßt sich nachvollziehen. Der Anfang mit "Heliopolis" zeigte es in metallenen Forte-Tönen. Aber die betörenden, fast einschmeichelnden Piano-Töne in "Der Winterabend" zeigten noch einmal seine Glanzlichter der feinen Form, unnachahmliche Gipfelleistungen. Hartmut Höll am Klavier setzte diese Linie einfühlsam als Begleiter fort.

jube

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